Die ersten Gemälde, auf denen Graupapageien abgebildet werden, entstammen der Zeit, in der der transatlantische Sklavenhandel seinen Anfang nahm. Afrikanische Graupapageien kamen mit denselben Schiffen auf denselben Handelsrouten nach Europa, über die Unternehmen mit Zucker und versklavten Menschen handelten. Heute leben weltweit vermutlich mehr afrikanische Graupapageien in menschlichen Haushalten als in ihren Herkunftsländern in Freiheit.
Das Forschungs- und Ausstellungsprojekt Parrot Terristories von Hörner/Antlfinger kreist um die verschiedenen Territorien und Lebensräume, in denen sich Graupapageien und Menschen begegnen – und historisch begegnet sind.
Die Ausstellung im TA T zeigt erstmals alle Kapitel dieses Werkkomplexes, der seit sechs Jahren in Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteur*innen und Institutionen entwickelt wird. In Bildern, Texten, Filmen, Soundarbeiten und Installationen untersuchen die Künstler*innen, welche Beziehungen zwischen Papageien und Menschen möglich sind. Ebenfalls zu sehen sein wird eine gemeinsame Arbeit mit Nick Byaba (Parrot Tree Caretakers Association, Uganda), in der die Beziehung wildlebender Graupapageien zu ihrer Umwelt untersucht wird.
Ute Hörner und Mathias Antlfinger sind Professor*innen für Multispecies Storytelling an der Kunsthochschule für Medien Köln und leben selbst seit über 20 Jahren in einem Multispezies-Haushalt mit Graupapageien zusammen. Ihre Installationen, Videos und Skulpturen handeln von Beziehungen zwischen Menschen, Tieren und Maschinen und eröffnen sowohl kritische Perspektiven auf veränderbare gesellschaftliche Konstrukte als auch utopische Visionen eines gleichberechtigten Umgangs miteinander. Ihr gemeinsames Wohnen mit nichtmenschlichen Tieren ist bestimmt von gemeinsamen sozialen Handlungen und davon, wie diese einen gemeinsamen Raum produzieren. 2014 gründeten Hörner/Antlfinger mit den Graupapageien Clara und Karl das Interspezies-Kollektiv CMUK, das auch künstlerische Arbeiten für die aktuelle Ausstellung beisteuert.
Nichtmenschliche Tiere sind Individuen mit eigenem Wollen und Erleben, sie verfügen über Handlungsmacht und sind aktiv am Erschaffen von Welt beteiligt. Diese „Animal Agency“ anzuerkennen ist zentrales Anliegen von Parrot Terristories. Auch wenn die aktuelle Forschung größtenteils anthropozentrisch bleibt, wird dieser Ansatz seit dem sogenannten Animal Turn in verschiedenen Disziplinen bereits verfolgt: So beziehen Methoden der Multispezies-Ethnografie die Spuren und Perspektiven tierlichen Lebens mit ein und Critical Animal Studies untersuchen unter anderem Kolonialitäten für nichtmenschliche Akteur*innen, also Auswirkungen der Kolonialgeschichte wie zum Beispiel den globalen Handel mit Wildtieren.
Das TA T zeigt die Ausstellung im Kontext der Forschung zu materiellem Kulturerbe am Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik und am internationalen Forschungskolleg inherit. heritage in transformation der Humboldt-Universität.
In Zusammenarbeit mit Nick Byaba und CMUK
Kuratiert von Felix Sattler
Gefördert von
Kunststiftung NRW
Hauptstadtkulturfonds Berlin
Kunsthochschule für Medien Köln
Weitere Kooperationspartner*innen
Dr. Sylke Frahnert, Dr. Katja Kaiser, Museum für Naturkunde Berlin (wissenschaftshistorische Beratung und Leihgaben)
Christine Bluard, Annelore Naeckerts, Royal Museum for Central Africa, Tervuren, Belgien
Prof. Nancy Jacobs, Brown University
Dr. Vanessa Wijngaarden, University of Johannesburg, University of Liège