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Magazin #3: Was ist das Politische der Beziehungen von Menschen und Pflanzen?

Die interdisziplinäre Gruppe Kontaminiert Werden (Alena Trapp, Jann Mausen, Maja Avnat) erforscht urbane Ökologien und mehr-als-menschliche soziale Relationen. Die Verflechtungen von Menschen und Pflanzen in der Stadt sind multidimensional. Sie sind zum Beispiel ästhetisch (repräsentativ und/oder körperlich) oder technologisch (teleologisch) und von Wissenstraditionen durchzogen. Zu ihrer Analyse sind inter- bzw. transdisziplinäre Zugänge nötig. Wir arbeiten daran, ein öffentliches Forum zu etablieren, in dem situierte Forschungen und Auseinandersetzungen aufgenommen und machtkritisch resp. historisch informiert diskutiert werden. Mit der Förderung anatomia publica wollen wir die konzeptuelle Arbeit für das Kontaminiert Werden Magazin #3 fortsetzen. Unsere absichtlich offen formulierte Leitfrage für das Vorhaben ist: Was ist das Politische der Beziehungen von Menschen und Pflanzen?

Kontaminiert Werden ist von November bis Dezember 2025 als Residenzprojekt bei uns zu Gast.

Kontaminiert Werden im Tieranatomischen Theater

Kontaminiert Werden wird das Tieranatomische Theater temporär bewohnen, um Magazin #3 öffentlich zu entwickeln und kollektive Forschungsprozesse sichtbar zu machen. Im Zentrum steht das Natur/Kultur Instrumentarium — ein mobiles Forschungssammelsurium, das die Verflechtungen zwischen Menschen und Pflanzen im urbanen Raum untersucht und erfahrbar macht. In Kooperation mit dem Späth-Arboretum (Dr. Anika Dreilich) werden ökologische Feldmethoden wie der Bioblitz erprobt, um künstlerische und wissenschaftliche Perspektiven auf Stadtökologien miteinander zu verbinden.

Das Projekt versteht sich als offenes Labor, das Mitglieder des Kontaminiert Werden Netzwerks zusammenbringt und um weitere Beiträge erweitert. Während der Öffnungstage zwischen dem 26. November und 13. Dezember sind verschiedene Formate wie Screenings, Workshops, Lesungen und performative Einblicke geplant, die das Publikum zur Teilhabe und zum Austausch einladen. Die Knowledge-Exchange-Highlights sind für den 10.–12. Dezember geplant.

Das Projekt von Kontaminiert Werden wird im Rahmen des Residenzprogramm anatomia publica im Tieranatomischen Theater gezeigt.

Paz Ponce – TA T Kuratorin für Vermittlung & Outreach

Allgemeine Fragen zu unserem Programm senden Sie uns gerne per E-Mail oder telefonisch:

E-mail: anatomiapublica.tat@hu-berlin.de / telefonisch unter +49 (0)30 2093 46625

Für weitere Informationen zu unseren Residenzprogramm suchen Sie bitte die Startseite oder TAT Aktuell auf.

Kontaminiert Werden (KW) ist ein pflanzenorientiertes Netzwerk, das Forschende aus Geistes-, Natur-, Kunst- und Designwissenschaften verbindet. KW arbeitet an den Schnittstellen von Plant Studies, Urban Political Ecology und Urban Studies und ist mit der Floating University sowie dem Netzwerk Urbane Praxis vernetzt. Für anatomia sind aus dem Netzwerk Jann Mausen, Alena Trapp und Maja Avnat beteiligt.

Jann Mausen – Kulturwissenschaftler (HU Berlin); arbeitet zu urbanen Ökologien und natur/kulturellen Verflechtungen; kuratiert Programme und wissenschaftliche Formate; Mit-Herausgeber von KW Zine #1 und KW Magazin #2.

Alena Trapp – künstlerisch-wissenschaftliche Praxis zwischen Performance, Tanz, Sound und kritischer Somatik; lehrt an der HU zu (kritischem) Embodiment; entwickelt partizipative Formate zur Erforschung mehr-als-menschlicher Verwobenheiten.

Maja Avnat – Junior Researcher (Exzellenzcluster Matters of Activity, weißensee kunsthochschule berlin); Forschung in Liquid Yarns und Active Trees zu textilen, thermisch-aktiven Prototypen; entwickelt ortsspezifische Audiowalks (u. a. Späth-Arboretum) und Projekte wie Planted Archives; seit 2023 bei KW, Beitrag zu Magazin #2.

/@kontaminiert.werden/

Inspirationen der Workshopreihe und Projektforschung von KW

Inspiration für KWs Auseinandersetzung mit Mensch-Pflanze-Verflechtungen in urbanen Räumen sind interdisziplinäre Projekte wie der Feral Atlas (Anna Tsing et al. 2020) – ein digitaler Atlas zu mehr-als-menschlichen Feldforschungen im Anthropozän – oder die Arbeiten von Matthew Gandy und Sandra Jasper (z. B. Natura Urbana; Botanical City), die die Bedeutung von Berliner Stadtökologien für (Landschafts-)architektur, Kunst und Stadtgeschichte beleuchten. Für die Analyse des Politischen der Beziehung zwischen Pflanzen und Menschen sind beispielsweise Sandra Jaspers Begriff der „Spekulativen Ökologien“ oder Bettina Stoetzers Begriff der „Ruderalvegetation“ zentral. Sie verbinden sowohl Gentrifizierung und Verdrängung als auch künstlerisch-aktivistische Gegenentwürfe mit ökologischen Fragen. Weitere Inspiration kommt vom Black Earth Collective (Klimagerechtigkeit) und der Fachstelle für Radikalisierungsprävention im Naturschutz (FARN).

Im Zentrum unseres Forschungsprojekts stehen urbane Praktiken. Wir verstehen den urbanen Raum als fortlaufende Koproduktion. In ihm werden natur/kulturelle Verhältnisse durch Praktiken wie Unkrautjäten, Mähen oder Düngen kontinuierlich reproduziert. Auch mehr-als-menschliche Agentialität gestaltet den urbanen Raum mit – im Klimawandel wird dies durch die Migration oder die verlängerte Pollensaison von Pflanzen deutlich. Unser Interesse für das Politische richtet unseren Fokus auf die interspezifischen (historischen) Machtverhältnisse, die die Verflechtungen von Menschen und Pflanzen prägen und welchen sie zum Teil auch aktiv widerstehen.
Berlin bietet zahlreiche Beispiele: Botanische Gärten etwa spielen für die Auswahl und das Management der Vegetation Berlins eine entscheidende Rolle, indem sie sich an der Erforschung von klimawandelresistenten „Zukunftsbäumen“ beteiligen. Ferner können mit einem Blick auf die historischen Hintergründe der Botanischen Gärten als Schauhaus imperialer Macht und ihren Einfluss auf die Einfuhr von Zimmerpflanzen in die Stadt koloniale Kontinuitäten bis in die Berliner Wohnzimmer nachvollzogen werden.