TA T Vermittlungsprogramm für Berlin Science Week 2025

Tieranatomisches Theater (TA T) präsentiert: Nachthimmel mit Zukunftsöffnungen

Im Rahmen von anatomia publica — Offene Bühne für wissenschaftliche, ästhetische und soziale Forschungspraktiken
1-8. November 2025 mit den Künstler:innenforscher:innen Marcela Moraga und po:era (Lucas Lacerda & Daniel Weyand)

Zur Berlin Science Week verwandelt das Tieranatomische Theater (TA T) seine historische Kuppel in einen Nachthimmel – und erforscht planetarische Verflechtungen zwischen Kunst, Wissenschaft, Fiktion und kulturellem Erbe auf einer lebendigen Bühne für gemeinsame Zukünfte.

Veranstaltungsort:
TA T – Tieranatomisches Theater (Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin)

Veranstaltungsdetails:
Sa, 1. – Sa, 8. November 2025 | Uhrzeit: 14 – 21 Uhr
Montag & Dienstag geschlossen | Eintritt: frei

Eröffnung: 1. Nov 18 – 21 Uhr · Installationen: 5. Nov · Künstler:innengespräche: 6. Nov · Selbst-Geführte Rundgänge: 7. Nov · Finissage: 8. Nov
Sprache: Deutsch & Englisch

 


Kuratorisches Konzept

Seit über 250 Jahren bietet das TA T – Tieranatomische Theater  der Wissenschaft eine eindrucksvolle Bühne. anatomia publica, eines der zentralen öffentlichen Programme des TA T, eignet sich diese historische Architektur neu an – nicht um Körper zu sezieren, sondern um die Anatomie des Forschens selbst zu erkunden.
Anstelle eines geschlossenen akademischen Rahmens wird das Theater zu einem Wissenstheater – einem Ort, an dem Wissen nicht nur produziert, sondern auch aufgeführt und geteilt wird. 

Im Rahmen der Berlin Science Week 2025 präsentiert anatomia publica das fünftägige Sonderprogramm Nachthimmel mit Zukunftsöffnungen (Night Sky with Open Futures). Es verwandelt das Theater in eine immersive Bühne für kosmologische Imagination und lädt das Publikum in lebendige, experimentelle Umgebungen ein, in denen Zukünfte spekulativ entworfen, Wissen verkörpert und Wissenschaft auf fürsorgliche Beziehungen ausgerichtet wird.

Der Blick in den Himmel ist nie neutral. Ob durch Teleskope, gewebte Muster oder Erzählungen – wir projizieren Zukünfte und erben Vergangenheiten, die noch vor uns liegen. Unter der Kuppel des Tieranatomischen Theaters erscheint der Nachthimmel zugleich als Archiv und Orakel – als immersives Feld, in dem sich Daten, Geschichten und Erinnerungen kreuzen.

In diesem Horizont entfaltet sich Nachthimmel mit Zukunftsöffnungen durch zwei interdisziplinäre künstlerische Forschungsprojekte von Marcela Moraga und po:era (Daniel Weyand & Lucas Lacerda), die das Theater in eine Bühne für Zuhören, Spekulation und gemeinsames Weltentwerfen verwandeln.

Der Titel übernimmt seinen Rhythmus von Ocean Vuong’s „Night Sky with Exit Wounds“ (dt. Nachthimmel mit Austrittswunden) – einem Buch, das das Nachwirken von Gewalt und Überleben in einer Sprache betrachtet, die zugleich himmlisch und körperlich ist. Während Vuong aus den Ruinen geerbter Geschichten schreibt – kolonialen, diasporischen und queeren –, wendet sich Nachthimmel mit Zukunftsöffnungen dieser Wunde als Möglichkeit zu.

Paz PonceKuratorin für Vermittlung & Outreach (TA T – Tieranatomisches Theater)


Vorgestellte künstlerische Forschungsprojekte

Marcela Moraga – What Happens in the Sky, Happens on Earth: Cosmology of an Oasis

 

 

 

 

Marcela Moraga — „What happens in the sky, happens on earth. Cosmology of an oasis“

Ort: Rotunde — zugänglich während der Öffnungszeiten

In ihrer textilbasierten Forschungsstation erforscht Marcela Moraga, wie das indigene Volk der Lickanantay in der Atacama-Wüste (Chile) Himmel und Erde als untrennbar verbunden begreift. In Zusammenarbeit mit Frauen der Weberinnengemeinschaft von Chiu Chiu und der indigenen Vereinigung Lay Lay in Calama verwebt das Projekt mündliche Überlieferung, Umweltkonflikte und Himmelsbeobachtung zu sich stetig wandelnden Wissenskonstellationen.

Im Zentrum steht eine Kritik am westlichen Extraktivismus und an der Dominanz westlicher Wissenschaftsparadigmen – an den Wegen, wie Bergbau und moderne Astronomie die Landschaften und Kosmologien der Wüste geprägt haben. Indem Moraga die Oase als Technologie der Beobachtung und des Überlebens neu denkt, fragt sie, wie kooperative Praktiken und indigenes ökologisches Wissen alternative Beziehungen zwischen Wissenschaft, Land und Fürsorge eröffnen können.

Die Besucher:innen begegnen gewebten Sternbildern, Archivmaterialien und Feldnotizen sowie einem spielerischen Lernraum für Kinder, der kosmologisches Erbe in zugängliche, imaginative Formen übersetzt.

Das Projekt steht in Resonanz mit Forschungsansätzen des Zentrums für Kulturtechnik (ZfK), insbesondere mit der Abteilung Das Technische Bild, deren Untersuchungen zu Seh-Instrumenten und bildbasiertem Wissen eine konzeptuelle Brücke zwischen Labor und Landschaft schlagen.

 

CALADRI – world building project by Po:era (Daniel Weyand & Lucas Lacerda)

 

 

 

 

 

po:era (Lucas Lacerda & Daniel Weyand) — CALADRI

Ort: Historischer Hörsaal & Bibliothek — aktiv ab Einbruch der Dämmerung

CALADRI ist ein spekulatives Forschungsprojekt, in dem sich Astrophysik und Fiktion begegnen. Basierend auf realen wissenschaftlichen Daten entwirft es einen langsam rotierenden Exoplaneten, auf dem Leben nur in einem wandernden Dämmerungsgürtel zwischen sengendem Licht und gefrorener Dunkelheit existieren kann. Innerhalb dieser fragilen Zone bewegen sich zwei Gesellschaften in ständiger Anpassung – sie bewahren ihr Wissen in unterirdischen Resonanzkammern, die Klima-Rhythmen und himmlische Signale speichern, um Erinnerung über tiefe Zeiträume hinweg zu übermitteln.

Durch Klang, Video-Mapping und narrative Fragmente lädt po:era in Zusammenarbeit mit Miguel Chaparro das Publikum ein, in ein immersives Wahrnehmungsfeld einzutreten – teils Planetarium, teils Performance. Mit Einbruch der Dämmerung verwandeln sich Hörsaal und Bibliothek in eine partizipative Umgebung, in der Besucher:innen zuhören, spekulieren und an Worldbuilding-Sessions teilnehmen können, die das Zusammenwirken von Wissenschaft und Fiktion ausloten.

Parallel dazu veranstaltet po:era die vierte Ausgabe des ortsspezifischen Kunstfestivals ONSITE, das die spekulativen Zukünfte dreier Berliner Kulturorte – Museum, Kino und Theater – erforscht. Ihr Worldbuilding-Projekt CALADRI, entwickelt im Rahmen von anatomia publica und im Zusammenarbeit mit Miguel Chaparro, eröffnet am 6. November das Festivalprogramm im Tieranatomischen Theater.

 


Besuchserlebnis

Während der Öffnungszeiten (14:00 – 21:00 Uhr) lädt das Tieranatomische Theater dazu ein, als Landschaft der Beobachtung und Imagination entdeckt zu werden.
Im Erdgeschoss entfaltet sich Marcela Moragas Forschungsstation in der Rotunde, während im ersten Stock die immersive Installation CALADRI von po:era mit Einbruch der Dämmerung (18:00 – 21:00 Uhr) den Historischen Hörsaal und die Bibliothek in einen wandelnden planetarischen Dämmerungsraum verwandelt.

Alle Räume sind barrierefrei und rollstuhlgerecht zugänglich.
Informationen zu den künstlerischen Forschungsprojekten sind auf Deutsch und Englisch verfügbar.
Die immersive Installation CALADRI ist nur auf Englisch erfahrbar; die Artist Talks finden aufgrund des internationalen Publikums der Berlin Science Week auf Englisch statt.

Die Installationen können während der Woche eigenständig besucht werden; Zeiten mit Anwesenheit der Künstler:innen und Kurator:innen sind im Tagesprogramm unten angegeben.

 


Programmhighlights — Nachthimmel mit Zukunftsöffnungen

(im Rahmen von anatomia publica × Berlin Science Week)

Datum: Samstag, 1. November — Eröffnung
Uhrzeit: 18:00 – 21:00 Uhr
Der Abend führt in anatomia publica — Offene Bühne für wissenschaftliche, ästhetische und soziale Forschungspraktikenein und präsentiert die beiden künstlerischen Forschungsprojekte:
Marcela Moraga, What happens in the sky, happens on earth. Cosmology of an oasis (Rotunde, Erdgeschoss)
po:era (Lucas Lacerda & Daniel Weyand), CALADRI (Historischer Hörsaal & Bibliothek, 1. Stock)
Künstler:innen und Kurator:innen von anatomia publica sind anwesend.

 

Datum: Mittwoch, 5. November — Offene Installationen
Veranstaltungsort: 14:00 – 18:00 Uhr
Beide künstlerischen Forschungsprojekte sind für eigenständige Besuche geöffnet.
Zugang zur Rotunde sowie zum Hörsaal und zur Bibliothek.

 

Datum: Donnerstag, 6. November — Artist Talks: Dialogues under the Night Sky

Uhrzeit: 16:00 – 17:00 Uhr — Artist Talk: Caladri 
mit po:era (Lucas Lacerda & Daniel Weyand)
Veranstaltungsort: Object Lab, Zentrum für Kulturtechnik (HU Berlin)
Teil von anatomia publica × Berlin Science Week
Organisiert vom TA T – Tieranatomisches Theater

Caladri ist ein fortlaufendes Forschungsprojekt des Duos po:era, das untersucht, wie Fiktion zu einer Forschungsmethode werden kann. Basierend auf astrophysikalischen Daten entwirft das Projekt den Exoplaneten Caladri, auf dem Leben nur in einem schmalen Dämmerungsgürtel zwischen glühender Hitze und gefrorener Dunkelheit existieren kann. Zwei Gesellschaften leben dort in ständiger Migration – sie passen sich an, kommunizieren und erfinden Koexistenz unter extremen Bedingungen neu.

Die Welt von Caladri ist keine utopische Idealgesellschaft, sondern ein spekulativer Resonanzraum, in dem gegenwärtige Herausforderungen auf der Erde – Klimawandel, Ressourcenverteilung, Grenzziehungen – aus einer anderen Zeit und Welt neu betrachtet werden.
Wie würde sich der Mensch unter extremen Klimabedingungen entwickeln?
Wie könnte eine ständig migrierende Gesellschaft aussehen?
Wie könnte Wissen über Jahrhunderte weitergegeben werden?

Das Gespräch im Object Lab lädt Wissenschaftler:innen und Besucher:innen aus verwandten Disziplinen – Anthropologie, Klimaforschung, Geografie oder Astrophysik – zu einer gemeinsamen spekulativen Übung ein. Es beginnt mit offenen Forschungsfragen von Caladri und einem Objekt, das die Künstler mitbringen – eine materielle Spur, die ihre Fiktion mit der Erde verbindet.

Eingeladene Forscher:innen übernehmen die Rolle von Respondent:innen – ein Format aus den Performing Arts und Forschungssymposien, bei dem Teilnehmende aus anderen Disziplinen nicht analytisch, sondern resonant reagieren. So entsteht ein dialogischer Raum, in dem wissenschaftliche Perspektiven mit poetischen und imaginativen verknüpft werden.

Gemeinsam mit dem Publikum entfaltet sich das Gespräch als eine Art Science Theater – ein geteilter Spekulationsraum, in dem Wissen und Staunen aufeinandertreffen und künstlerisches Worldbuilding und wissenschaftliche Forschung Teil derselben Konstellation werden.
Moderation: Paz Ponce (anatomia publica) und Felix Sattler (TA T).

Veranstaltungsort und -datum: 18:30 – 19:30 Uhr — Artist Talk: What happens in the sky, happens on earth. Cosmology of an oasis
mit Marcela Moraga und Astronom Basilio Solís Castillo
Veranstaltungsort: Object Lab, Zentrum für Kulturtechnik (HU Berlin)
Teil von anatomia publica × Berlin Science Week
Organisiert vom TA T – Tieranatomisches Theater

In diesem Gespräch setzt Marcela Moraga ihre Forschung zur Kosmologie der Lickanantay-Oasenkultur in der Atacama-Wüste fort, wo Himmelsbeobachtung, Weben und Landpflege ein einziges Wissenssystem bilden.
Basilio Solís Castillo, Astrophysiker und Mitglied der Lickanantay-Gemeinschaft, führt in dieses Weltbild ein und zeigt, wie helle und dunkle Zonen des Himmels irdisches Leben spiegeln. Das Gespräch fragt, wie sich akademische und vernakuläre Astronomie begegnen können und ob die Oase als Technologie der Beobachtung und des Überlebens verstanden werden kann.

In Verbindung mit künstlerischen, wissenschaftlichen und kulturerbeforschenden Perspektiven innerhalb des Zentrums für Kulturtechnik weitet sich die Diskussion auf die Rolle von Instrumenten des Sehens aus, unter Bezug auf Publikationen von Das Technische Bild (Imagination des Himmels, Instrumente des Sehens, Scientific Fiction) als materielle Brücke zwischen Labor und Landschaft.

Darüber hinaus bringen eingeladene ZfK Gäste resonante Impulse ein – sie öffnen den Austausch hin zu Fragen der Dezentrierung des Westens, der technologischen Vermittlung und der Wegfindungssysteme und ihrer Darstellungsmodelle und verorten die Diskussion im Kontext eines dynamischen, transformierenden Verständnisses von Erbe.

Gemeinsam mit dem Publikum lädt das Gespräch zum Nachdenken über Formen des Sehens, Wissens und Vorstellens ein – zwischen Himmel und Erde, Fiktion und Fakt.
Moderation: Paz Ponce und Felix Sattler.

Uhrzeit: 18:00 – 21:00 Uhr — po:era immersive Installation
Veranstaltungsort: Historischer Hörsaal & Bibliothek, Tieranatomisches Theater
Künstler anwesend.

 

Uhrzeit: 19:30 – 21:00 Uhr — Marcela Moraga Textilbasierte Forschungsstation
Veranstaltungsort: Rotunde, Tieranatomisches Theater
Nach dem Gespräch sind Besucher:innen eingeladen, den Dialog in der Installation fortzusetzen – einer Forschungsstation, in der mündliche Erinnerung, Umweltkonflikt und Himmelsbeobachtung zu wandelnden Konstellationen verwoben sind.
Künstlerin anwesend.

 

Datum: Freitag, 7. November — Offene Installationen
Uhrzeit: 14:00 – 21:00 Uhr
Beide Projekte sind für eigenständige Besuche geöffnet.
Uhrzeit: 18:00 – 21:00 Uhr — po:era Immersive Installation
Veranstaltungsort: Historischer Hörsaal & Bibliothek, Tieranatomisches Theater
Selbstgeführter Besuch; keine Künstler:innen anwesend.

 

Datum: Samstag, 8. November — Marcela Moraga Forschungsstation
Uhrzeit:  14:00 – 18:00 Uhr
Der letzte Tag von Night Sky with Open Futures widmet sich Marcela Moragas Forschungsstation in der Rotunde.
Besucher:innen sind eingeladen, den Raum individuell zu erkunden und zu reflektieren.
Künstlerin anwesend.